Stefanie Wiebe leitet seit zweieinhalb Jahren eine einzigartige Schule im Kreis Steinburg. Unter dem Dach vereint sind eine Grund- und eine Gemeinschaftsschule. 536 Schüler besuchen derzeit eine der zehn Grundschulklassen oder eine der 13 Klassen der Gemeinschaftsschule.
Unterrichtet werden sie von 38 Lehrern. Hinzu kommen drei Lehrer in Vorbereitung. Mit der Zahl der zugewiesenen Planstellenanzahl ist die Pädagogin zufrieden, „die Anzahl reicht aus“.
Dass es dennoch zu Unterrichtsausfällen kommen kann, liegt an Krankheiten und Elternzeit der Lehrer. Zurzeit unterrichten deshalb fünf Pädagogen in Schenefeld nicht. Diese werden alle im Februar zurückerwartet. „Wir haben derzeit zwar sieben Vertretungslehrer, trotzdem fehlen uns insgesamt 20 Lehrerstunden.“ Zu den Vertretungslehrern zählen vier Lehramtsstudenten, die damit ihr Studium finanzieren, die aber nicht mehr als zwölf Stunden pro Woche unterrichten dürfen.
Zu den langfristigen Ausfällen kommen Lehrer, die plötzlich erkrankten. Beispielsweise in einer Erkältungsphase, die derzeit auch 20 Prozent der Schenefelder Schüler erfasst hat. Auch dann werde im Grundschulbereich kein Unterricht ausfallen, sagt Stefanie Wiebe. „Denn hier gilt die Verbindlichkeit.“ In den Klassen gebe es grundsätzlich eine Lehrer-Doppelbesetzung, bei Krankheiten springe dann die zweite Lehrkraft ein, der Unterricht werde in bewährter Form fortgesetzt. Fallen doch mal beide Lehrer einer Klasse aus, werden die Kinder auf andere Klassen verteilt und erhalten ihren individuellen Unterrichtsstoff weiter, so die Schulleiterin.
Etwas anders sieht es bei Personalproblemen im Gemeinschaftsschulbereich aus. „Hier ist eine Aufteilung der Klassen bei Krankheitsfällen der Lehrer aufgrund der Klassengröße, die durchschnittlich bei 26 Kindern liegt, nicht möglich“, sagt Stefanie Wiebe. Bei Engpässen werde im Notfall der Nachmittagsunterricht in der 7. und 8. Stunde gestrichen. Dies sei notwendig, um vor allem für die 5. und 6. Klassen den Vormittagsunterricht von der ersten bis 5. Schulstunde zu gewährleisten, da auch für diese Klassenstufen ein verbindlicher Unterricht gelte.
Auch wenn alle Lehrer an Bord seien, sei jedoch nicht alles gut, sagt die Pädagogin. Denn nach ihrer Ansicht müsse Schule ganzheitlich betrachtet werden. „Wir brauchen ausgebildetes Personal, das die Schüler betreut, die Entwicklungsstörungen im emotional-sozialen Bereich haben.“ Nach ihrer Einschätzung gebe es pro Klasse zwei bis drei Schüler, die „so schwere Rucksäcke tragen, die mancher Erwachsener nicht tragen kann“. Teilweise könnten diese Kinder und Jugendlichen eigentlich gar nicht beschult werden. Die 46-Jährige wünscht sich deshalb neben fachlich ausgebildeten Lehrern zusätzlich Klassenbetreuer. Notwendig wären auch therapeutische Angebote für diese Schüler sowie ein Ergotherapeut pro Schule.
Eine Schule als Zentrum all dieser Professionen sei heute nötig, weil immer mehr Eltern ihre Erziehungsaufgaben abgäben. „Ich habe den Eindruck, dass Schule einen immens großen Erziehungsauftrag übernimmt, den eigentlich die Eltern übernehmen müssten.“ Gleichzeitig werde die Schule dann noch von Eltern kritisch betrachtet, wie sie die Aufgabe wahrnimmt. „Ich wünsche mir einen respektvollen Blick auf die Lehrer“, sagt Wiebe. Für ihre Einrichtung blickt sie voller Stolz auf das Kollegium, das trotz aller widrigen Umstände die Grund- und Gemeinschaftsschule immer weiter voranbringt, Projekte anstoße und durchführe. So sei die Schule erst kürzlich mit dem Prädikat als Projektschule für Informatik ausgezeichnet worden, nennt Stefanie Wiebe ein Beispiel.
Und einen Wunsch hat sie für die Lehrerausbildung: Sie fordert ein duales Lehramtsstudium, damit die jungen Kollegen an Schulen angebunden sind und den Unterricht aus der Praxis erfahren und nicht nur in der Theorie.
Schenefeld, 08. November 2022
Quelle: sh:z
Bericht und Bild: J. Möller