Sie wollten es wissen: Im Sommer gingen mehr als 100 Erwachsene, Jugendliche und auch Kinder aus der Gemeinde Schenefeld bei der ersten kommunalen Gemeinschaftsausgrabung Deutschlands der Frage nach, ob die Gemeinde tatsächlich eine der ältesten Siedlungen in Schleswig-Holstein ist.
Um das herauszufinden, griffen interessierte Bürger an gleich zwei Wochenenden im eigenen Garten, auf Wiesen und öffentlichen Plätzen selbst zu Spaten, Kellen und Pinseln – und unterstützten damit beteiligte Archäologen.
Die archäologischen Ausgrabungen sollten klären, ob der Ort auf größere Siedlungen im achten und neunten Jahrhundert zurückgeht. Die Antwort erhielten die Teilnehmer jetzt bei der Präsentation der Auswertung der deutschlandweit ersten partizipativen Gemeinschaftsausgrabung, die bei den Bürgern eine große Begeisterung hervorrief. Der Referent machte gleich klar: „Das Pilotprojekt ,Schenefeld gräbt aus‘ erbringt mit den mehr als 2000 Einzelfunden Nachweise für eine mehr als 1000-jährige Siedlungstradition des Ortes“, so Claus von Carnap-Bornheim.
Gemeinsam mit dem Organisationsteam vom Exzellenzcluster „Roots“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel präsentierte der inzwischen pensionierte Institutsleiter und Direktor vom Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie zur Abschlussveranstaltung im Amtsgebäude die Auswertung der zahlreichen Funde. Zugrunde lag der kommunalen Ausgrabung die Annahme, dass es sich bei Schenefeld um eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Siedlungen in Schleswig-Holstein handeln könnte. Entsprechend alte Bauteile der Schenefelder Bonifatius-Kirche sowie einzelne frühere archäologische Funde hatten darauf hingedeutet.
„Die Ausgrabungen bestätigen jetzt eine umfassende Siedlungstätigkeit bereits im späteren ersten Jahrtausend nach Christus“, erklärte die Projektkoordinatorin Ilka Rau vom Exzellenzcluster. Inwieweit Schenefeld seit dem ersten Jahrtausend durchgehend besiedelt war und wo genau sich die Menschen im Mittelalter niederließen, lässt sich anhand der bisherigen Grabungen bislang aber noch nicht eindeutig klären. Dazu wären weitere Untersuchungen notwendig. Schenefelds Bürgermeister Johann Hansen: „Wir konnten bestätigen, dass Menschen schon vor mehr als 1000 Jahren in Schenefeld gelebt haben. Das ist für unsere Gemeinde ein tolles Ergebnis.“ Und er fährt fort: „Gleichzeitig erleben wir hier, dass Wissenschaft ein langwieriger Prozess ist.“ Dass neue Ergebnisse oft auch neue Fragen aufwerfen, betonte Hansen ebenfalls. „Natürlich würden wir gern weiterforschen, um die Fundlücke im hohen Mittelalter zu schließen.“
Die Begeisterung der Teilnehmer für die Ergebnisse und für den wissenschaftlichen Weg kann auch Katrin Schöps vom Kieler Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und der Mathematik (IPN) bestätigen. Da „Schenefeld gräbt aus“ eine Premiere in Deutschland gewesen sei, untersuche das IPN anhand von Fragebögen die Auswirkungen des Projekts auf die Gemeinde und die Menschen im Ort. „Die Auswertung läuft noch, aber eine vorläufige Analyse zeigt, dass sich die Teilnahme an der Ausgrabung positiv auf die Menschen und das Gemeinschaftsgefühl in der Gemeinde auswirkt“, berichtet Schöps und konnte außerdem in Erfahrung bringen: „70 Prozent der Befragten würden noch einmal mitmachen und fast 90 Prozent würden ihren Freunden zu einer Teilnahme an einem solchen Projekt raten.“
„Das war eine sehr erfolgreiche Premiere für eine kommunale Ausgrabung, an der nicht zuletzt die Schenefelder beigetragen haben“, richtete Claus von Carnap-Bornheim seinen Dank an alle an dem Projekt Beteiligten. „Ich kann nur hoffen, dass die Erkenntnisse aus dieser Premiere, sowohl bezüglich der Schenefelder Siedlungsgeschichte als auch der Vorteile von Citizen-Science (Bürgerforschung) – Ausgrabungen, viele ähnliche Projekte in Deutschland ermöglichen werden“, fasst der emeritierte Professor abschließend zufrieden zusammen.
Schenefeld, 23. November 2022
Quelle: sh:z
Bericht und Bilder: Kristina Mehlert und Jan Steffen