Während andere Vereine und Verbände unter Mitgliederschwund leiden, meldet der Sozialverband Deutschland (SOVD) stetig Zuwächse. Warum der 100 Jahre alte Verband, der sich der sozialen Gerechtigkeit verschrieben hat, aktueller denn je ist, erläutert im Interview Ulrich Baschke. Der 61-jährige Polizeibeamte leitet den Schenefelder Ortsverband – mit mehr als 1100 Mitgliedern einer der größten im Kreis Steinburg.
Der Sozialverband boomt bundes- und landesweit. Auch in Schenefeld gibt es Jahr für Jahr mehr Mitglieder. Warum kommen die Menschen zu Ihnen?
Ursächlich ist zum einen sicher die Sozialgesetzgebung, die vielen Menschen Probleme bereitet. Bei uns bekommen sie die notwendige, kompetente Hilfestellung. Im Schenefelder Ortsverband bieten fünf ehrenamtliche Berater regelmäßige Sprechstunden an. 600 bis 700 Beratungen kommen pro Jahr zusammen.
Welche Hilfen bieten Sie an?
In erster Linie leisten wir Schreibhilfe. Wir helfen beim Ausfüllen von Anträgen, sei es für Behörden, Ämter oder für die GEZ, wenn eine Gebührenbefreiung gewünscht wird. Bei Rentenfragen geht es oft darum, fehlende Zeiten nachzuweisen. Bei Menschen mit Behinderungen ist ein nicht anerkannter Behindertengrad meist der Anlass für einen Antrag. Wenn es dann in Richtung Klagen geht, übernimmt der Kreisverband Steinburg den Fall. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung sind weitere Themen bei der Beratung. Zum einen freuen wir uns natürlich, dass die Beratungen so gut angenommen werden und wir immer mehr Mitglieder bekommen. Zum anderen muss man natürlich auch die Gründe für steigende Mitgliederzahlen hinterfragen – und die sind sich sicherlich nicht immer erfreulich.
Und was führt weiter zu steigenden Mitgliederzahlen in Schenefeld?
Ein weiterer Grund ist sicher das kulturelle Angebot. Jeden Monat gibt es mehrere Veranstaltungen. Darunter Vortragsveranstaltungen Ausfahrten, mehrtägige Reisen und Spielenachmittage. Dort kommen die Menschen zusammen und reden miteinander – ganz unter dem Motto des Sozialverbands: Gemeinsam statt einsam. Es ist die beste Gelegenheit, alte Bekannte zu treffen. Schließlich hat der Ortsverein auch von Zusammenschlüssen profitiert.
Inwiefern hat das zu steigenden Mitgliederzahlen geführt?
Wir haben vor Jahren den Vaaler Ortsverein integriert, hinzu kamen die Mitglieder des aufgelösten VDK-Ortsvereins Wacken, die wir mit vollen Rechten aufgenommen haben. Auch aus der näheren Umgebung des Amts Schenefeld kommen Mitglieder. Darüber hinaus haben wir auch viele Unterstützer, die Mitglied im Sozialverband werden, obwohl sie zum Zeitpunkt des Eintritts noch kein persönliches Anliegen haben.
In Ihrer unmittelbaren Umgebung gibt es mit Reher und Puls zwei weitere Ortsverbände? Gibt es da Konkurrenzdenken?
Nein, im Gegenteil. Wir arbeiten gut zusammen. Die Mitglieder aus Puls und Reher haben unter anderem freien Zugang zu unseren Beratungen, da sie keine eigenen ausgebildeten Berater haben. Gut ist im Übrigen auch die Zusammenarbeit mit Amt und Gemeinde, die uns sehr unterstützen.
Wie sind Sie selbst zum Sozialverband gekommen? Durch meinen Vater. Er kam als Kriegsversehrter aus dem Zweiten Weltkrieg und hat 1949 den Ortsverband hier wiederbegründet. Damals ging es in erster Linie um die Rentenansprüche von Kriegsopfern und Flüchtlingen. Mein Vater war nicht nur bis 1998 Vorsitzender, sondern auch ehreamtlicher Berater und außerdem als ehrenamtlicher Sozialrichter tätig. Als Kind habe ich deshalb vieles miterlebt und war beeindruckt von der Arbeit. 1996 bin ich dann als Schriftführer in den Vorstand gekommen, damals hatte der Ortsverband 300 Mitglieder. Seit März 2006 bin ich jetzt Vorsitzender.
Schenefeld, 30. April 2019
Quelle: sh:z
Bericht und Bild: Joachim Möller