Mit 80 auf zu neuen Ufern

Viel Zeit nahm sich Ulrich Steinke stets für seine Kunden (hier mit Frauke Schnackenberg-Jensen) – nicht nur für das Styling, sondern auch für eine Beratung und nette Gespräche.
Viel Zeit nahm sich Ulrich Steinke stets für seine Kunden (hier mit Frauke Schnackenberg-Jensen) – nicht nur für das Styling, sondern auch für eine Beratung und nette Gespräche.

Nun soll endgültig Schluss sein. Ende März legt er Föhn und Schere zur Seite. Schon vor 15 Jahren hat Friseurmeister Ulrich Steinke seinen Salon an Tochter Constance und Schwiegersohn Arne Bartels abgegeben. Sich mit 65 Jahren aus dem Berufsleben zurückziehen, konnte und wollte der heute 80-Jährige dennoch nicht.

„Das wäre für mich unvorstellbar gewesen – ich liebe meinen Beruf“, sagt Steinke, der seitdem einmal die Woche noch im Salon „Steinke & Bartels“ in der Holstenstraße anzutreffen ist.

 

„Ich glaube, ich bin nun alt genug, um in den Ruhestand zu gehen, oder?“, fragt der jung gebliebene Senior. „Ich wollte eigentlich aufhören, wenn die Schere in der Hand zu zittern beginnt“. Darauf aber wartet er immer noch. Allerdings sei es ihm besonders wichtig gewesen, das Ende seiner beruflichen Laufbahn selbst zu entscheiden.

 

Handwerkliches Geschick, Kreativität und ein gutes Gespür für Menschen haben ihn ausgezeichnet. „Er hat auf meinem Kopf immer seine ganz persönliche Handschrift hinterlassen“, sagt Frauke Schnackenberg-Jensen. Seit 41 Jahren ist sie Kundin von Steinke. Insbesondere schätzt sie seine ausgesprochen gute Farbberatung und seine Ehrlichkeit. Wenn die Mehlbekerin mal meinte, sie bräuchte eine Veränderung, habe sie sich immer auf die Meinung Steinkes verlassen können. „Das ist zwar eine sehr schöne Frisur, ihnen aber würde sie nicht stehen“, bekam sie hin und wieder zu hören. So blieb sie bei ihrem Kurzhaarschnitt. Künftig wird Tochter Constance sich um das Styling der treuen Kundin kümmern. „Mir bleibt ja nichts anderes übrig, als mein Vertrauen in ihre Hände zu legen“, lacht Schnackenberg-Jensen während Steinke seiner Kundin spontan verspricht: „Wenn es nicht klappt, steh’ ich hier wieder auf der Platte.“

 

Dort hat er in den vergangenen 15 Jahren jeden Freitag gestanden. Loslassen konnte er nicht. Nun verabschiedet sich der Senior Schritt für Schritt von seinem leidenschaftlich ausgeübten Job. Wenngleich der Ruheständler, für den stets der Kunde im Vordergrund stand, noch immer voller Leidenschaft und Begeisterung Friseur ist.

 

Sein Handwerk wurde ihm bereits von Vater Max in die Wiege gelegt, so dass Steinke 1954 seine Ausbildung zum Friseur in Eckernförde absolvierte. Zehn Jahre später folgte die Meisterprüfung, ehe der Schenefelder unter anderem berufliche Erfahrungen in Hamburg, Hannover oder als Farbberater beim französischen Kosmetikkonzern L’Oréal in Karlsruhe sammelte. Erst 1974 kehrte er nach Schenefeld zurück, um den Salon seines Vaters zu übernehmen. Viel habe sich in den vergangenen Jahren verändert. „Nicht nur die Qualität der Salonausstattung“. Die Dauerwelle hieß Heißwelle, bei der die Wickler mit 12 Volt erhitzt wurden. „Die Verbrennungsgefahr war hoch“, erinnert sich Steinke, der auch machen Modetrend kommen und gehen sah. Kurzhaarfrisur, Bürsten- und Messerschnitt, Elvis- und Beatlesfrisur oder Haarschnitte, bei denen Kunden sich ein Muster wünschten. „Meinem eigenen Sohn musste ich mal den Anfangsbuchstaben seiner Frau in den Hinterkopf rasieren.“

 

Gern erinnert sich Steinke an manch kuriose Geschichten. „Zwei Damen, eine blond, die andere dunkelhaarig, waren zum Haare färben in den Salon gekommen. Zufällig trugen beide den gleichen Nachamen“, erzählt Steinke, der heute über die Verwechslung lachen kann. „Gerade noch rechtzeitig fiel mir auf, dass meine Angestellte das falsche Färbemittel auf den falschen Kopf aufgebracht hatte.“

 

Wenn Steinke, der unter anderem zehn Jahre lang Vorsitzender des Prüfungsausschusses war, am 29. März zum letzten Mal im Salon steht und mit der Schere klappert, werde das sicher ein komisches Gefühl sein, vermutet er. Dass er den Job vermissen werde, glaube er indes nicht. Dann hat er Zeit für Tennis, Radeln und für Urlaube mit seiner Frau.

 

Schenefeld, 26. Februar 2019

Quelle: sh:z

Bericht und Bild: K. Mehlert